Berlin: Ein geplanter Aufmarsch von rund 850 Neonazis scheiterte am Samstag an massiven antifaschistischen Protesten. Bereits im Vorfeld hatten linke Gruppen, darunter „Ostkreuz bleibt bunt“, „Omas gegen Rechts“ und „Queermany Berlin“, zu Gegenkundgebungen aufgerufen. Der Versuch der Neonazis, ihren Hassmarsch quer durch den Stadtteil zu führen, wurde durch entschlossenen Widerstand verhindert – die Rechten kamen keine 50 Meter weit.
Neonazis mobilisieren – und scheitern
Unter den Teilnehmer*innen der rechten Versammlung fanden sich bekannte Gesichter aus der extrem rechten Szene. So rief die „Gersche Jugend“ aus Thüringen zur Teilnahme auf, ebenso die „Chemnitzrevolte“, eine Gruppierung, die vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextrem beobachtet wird. Besonders aktiv war die sogenannte „Kampf Brigade Berlin“, die offen mit dem Hashtag „Nationalsozialisten“ wirbt.
Angeführt wurde der Aufmarsch von Ferhart Sentürk, einem Ex-AfD-Politiker, der sich seit Jahren als Anheizer der extremen Rechten inszeniert. Mit Parolen wie „Ob Ost, ob West, nieder mit der roten Pest“ und „Antifa, Hurensöhne“ versuchte er, die Teilnehmer*innen aufzuheizen. Dass die Szene keineswegs harmlos ist, zeigt auch Sentürks Einladung des rechtsextremen Musikers Hannes Ostendorf. Ostendorf, Sänger der Rechtsrock-Band „Kategorie-C“, ist kein Unbekannter: Bereits 1991 war er an einem Brandanschlag auf eine Unterkunft für Geflüchtete in Bremen beteiligt.
Ein besonderer Tiefpunkt der Versammlung: Das Abspielen des SS-Lieds „SS marschiert im Feindesland“, das Sentürk als sein „Lieblingslied“ bezeichnete. Obwohl der Staatsschutz dies überprüfte, sah die Polizei keinen strafrechtlichen Verstoß.
Antifaschistische Blockaden: Ein klares Zeichen
Die Strategie der Antifa war vielfältig – und effektiv. Tausende Antifaschist*innen blockierten die Route an mehreren Stellen, postierten sich entlang der Straßen und organisierten lautstarken Protest. Transparente mit Slogans wie „Antifa. Weiter. Machen.“ und „DUMM DUMM NAZIPACK“ prägten das Straßenbild.
Das Ergebnis: Die Neonazis konnten keinen nennenswerten Marsch durchführen. Nach wenigen Metern wurde ihr Aufzug gestoppt. Schließlich musste die Polizei die Teilnehmer*innen einzeln zurück zum Ostkreuz eskortieren, bevor der Veranstalter den Marsch nach vier Stunden selbst auflöste.
Die Polizei: Beschützer der Demokratie oder Schutzschild für Rechte?
Während die Polizei 85 Personen festnahm – darunter überwiegend Rechtsextreme, die Hitlergrüße zeigten oder verfassungsfeindliche Symbole verwendeten –, wurde auch gegen linke Gegendemonstrantinnen vorgegangen. Erneut zeigte sich: Der Staat setzt zwar formal auf die Verfolgung rechtsextremer Straftaten, doch in der Praxis bleibt die Repression oft asymmetrisch. Berichte über Polizeigewalt gegen Antifaschistinnen, der Einsatz von Pfefferspray und Knüppeln gegen friedliche Demonstrant*innen werfen Fragen auf.
Historisch betrachtet ist die Taktik der Polizei kein Zufall. Die Geschichte zeigt: Antifaschistischer Widerstand wird kriminalisiert, während rechte Gewalt immer wieder verharmlost oder ignoriert wird. Das hat System – und es ist brandgefährlich.
Faschismus, Rassismus und Patriarchat: Drei Seiten derselben Medaille
Der Versuch der Neonazis, Berlin-Friedrichshain als Bühne für ihre Hetze zu nutzen, ist kein isoliertes Ereignis. Vielmehr zeigt sich hier ein Muster: Die extreme Rechte nutzt soziale Unsicherheiten, wirtschaftliche Krisen und gesellschaftliche Konflikte, um ihr rassistisches, patriarchales und transfeindliches Weltbild zu verbreiten.
Dass in den Reihen der Neonazis ein sexistischer, homophober und transfeindlicher Konsens existiert, ist kein Zufall. Die extreme Rechte verteidigt ein reaktionäres Gesellschaftsbild, in dem Frauen, queere und trans Personen systematisch unterdrückt werden. Wer sich gegen den Faschismus stellt, muss sich deshalb auch gegen Sexismus, Rassismus und Transfeindlichkeit stellen – diese Kämpfe sind untrennbar miteinander verbunden.
Antifaschismus bleibt notwendig
Die Neonazi-Aufmärsche in Berlin sind Teil einer größeren Entwicklung: Die Zahl rechter Gewalttaten steigt seit Jahren an, rechtsextreme Netzwerke sind zunehmend gut organisiert. Doch der Widerstand ist stark – und notwendig. Die Blockade von Friedrichshain zeigt: Wenn sich genug Menschen wehren, kann der Faschismus keinen Fuß fassen.
Die antifaschistische Bewegung hat erneut bewiesen, dass sie eine zentrale Kraft im Kampf gegen Rechts ist. Doch die Verantwortung liegt nicht nur bei organisierten Gruppen – sie liegt bei uns allen. Antifaschismus muss eine gesellschaftliche Selbstverständlichkeit sein.
Denn eines ist klar: Kein Fußbreit dem Faschismus. Nicht heute, nicht morgen – niemals.