Der Merz-Planet
Wie CDU, SPD und Trump das neue Deutschland skizzieren – und dabei Europa, Klima und Menschenrechte opfern
Friedrich Merz, mutmaßlich bald Kanzler, plant ein Treffen mit Donald Trump. Nicht im Namen Deutschlands, wie er betont – sondern als Sprecher eines „europäischen Interesses“. Als hätte er Europa je vertreten. Während in Berlin der neue Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD unterschrieben wird, laufen die Drähte nach Washington heiß. Es geht um Freihandel, Zölle und Macht – aber auch um eine gefährliche politische Neuordnung.
Der Koalitionsvertrag ist kein Aufbruch. Er ist ein Rückzug. Abschiebungen an der Grenze, ein Angriff auf das Bürgergeld, das Aus für das Heizungsgesetz. Die SPD hat sich in zentralen Fragen verkauft – und feiert das als Stabilität. Der Preis: eine konservative Regierung mit autoritären Zügen.
Merz will Trump eine „Null-Zoll“-Politik vorschlagen – als ob das die brennende Welt retten würde. Die Umweltverbände schlagen Alarm: Der Vertrag sei ein „Hochrisiko für Klima und Natur“. Während Wälder brennen, wird in Berlin die Marktlogik gefeiert. „Effizienz“ ersetzt Klimagerechtigkeit. Die CDU nennt das Zukunft. Der WWF nennt es Wahnsinn.
CSU-Chef Söder verkauft die Verschärfung der Grenzpolitik mit Clownsmütze und Populismus. Zurückweisungen an den Grenzen sollen „ab dem ersten Tag“ starten. Was früher Asylrecht hieß, heißt jetzt "Kooperationsverweigerung". Die neue Regierung tanzt im Takt rechter Erzählungen – ohne AfD, aber mit ihrer Agenda.
Die SPD wirbt mit ihrer Basisdemokratie, die CDU winkt einfach durch. Während Klingbeil von Investitionen spricht, rollt die Union die neoliberale Sparmatte aus. Die SPD verspricht sozialen Ausgleich – in einem Koalitionsvertrag, der vor allem eines ist: ein konservativer Wunschzettel mit rotem Schleifchen.
Was die neue Regierung plant, könnte auch im Parteiprogramm der AfD stehen: verschärfte Abschiebungen, Pushbacks an den Grenzen, Entrechtung von Geflüchteten. Die Regierung redet von „Ordnung und Steuerung“, aber meint Abschottung und Kälte. Wer keine "Kooperation" zeigt, fliegt raus – auch Kinder, auch Kranke. Die AfD klatscht im Stillen. Ihre Sprache ist längst Regierungsprogramm.
Lars Klingbeil versucht, der SPD ein Profil zu geben – in einem Bündnis, das kaum Raum dafür lässt. Seine Versuche, die Regierung als „sozial ausgewogen“ zu verkaufen, wirken wie Realitätsverweigerung. Das Heizungsgesetz ist gestrichen, das Bürgergeld wird zurückgebaut, die Schuldenbremse bleibt. Die SPD hat wenig durchgesetzt – und viel aufgegeben. Wer sich fragt, wofür sie noch steht, bekommt bestenfalls ein Schulterzucken.
Die CDU verspricht „Verlässlichkeit“. Was sie liefert, ist Stillstand im Hochglanzformat: keine Vision für den ökologischen Umbau, keine Perspektive für junge Menschen, keine Idee für eine gerechtere Gesellschaft. Der Koalitionsvertrag liest sich wie ein Verwaltungsakt, nicht wie Politik. Zukunft? Wird vertagt. Soziale Gerechtigkeit? Wird eingespart.
Merz und seine Leute reden von „Wettbewerbsfähigkeit“ – und meinen Steuererleichterungen für Konzerne. Öffentliche Investitionen werden unter Finanzierungsvorbehalt gestellt. Sozialer Wohnungsbau, Bildung, Pflege? Nur, wenn Geld da ist. Für die Rüstungsindustrie hingegen wird schon mal vorgeplant. Sicherheit, das ist für diese Regierung: mehr Polizei, mehr Grenzen, mehr Abschreckung.
Dass Merz ausgerechnet mit Trump reden will, zeigt, wie es um die Außenpolitik steht. Europa wird auf Freihandel reduziert, auf Wirtschaftsinteressen, auf Deals. Menschenrechte, internationale Solidarität, Klimagerechtigkeit? Fehlanzeige. Statt einer progressiven, solidarischen EU träumt die Union von einem Bollwerk – marktkonform, abschottend, hart.
Diese Koalition ist keine Antwort auf die Krisen der Gegenwart. Sie ist ein Rückfall in die Rezepte der 2000er: Kürzen, sparen, abschieben. Klimaschutz wird zum Nebenkriegsschauplatz, soziale Gerechtigkeit zur Fußnote. Wer Veränderung wollte, bekommt Verwaltung. Wer Gerechtigkeit suchte, wird enttäuscht.