Erdoğan und die Angst vor der Demokratie: Massenproteste gegen die Inhaftierung von Ekrem İmamoğlu
In der Türkei brennt die Luft – und zwar nicht nur symbolisch. Hunderttausende Menschen sind in Istanbul und anderen Städten auf die Straße gegangen, um gegen die Inhaftierung von Ekrem İmamoğlu, dem beliebten Bürgermeister der Millionenmetropole, zu demonstrieren. Während Erdoğan und seine AKP-Regierung mit harter Repression reagieren, wächst die Entschlossenheit der Protestierenden.
Ein autoritärer Staat am Abgrund
İmamoğlu, eine der schärfsten Stimmen gegen Erdoğans zunehmend autoritäre Herrschaft, wurde am 19. März unter fadenscheinigen Vorwürfen der Korruption und Unterstützung des Terrorismus verhaftet. Jeder, der sich mit der türkischen Innenpolitik auskennt, weiß: Das ist kein juristisches Verfahren, das ist politischer Machterhalt mit den Mitteln der Justiz.
Dass Erdoğan dabei einen seiner stärksten Herausforderer für die Präsidentschaftswahlen 2028 kaltstellen will, liegt auf der Hand. Die Angst der AKP vor demokratischem Machtverlust ist groß, also greift sie zu den üblichen Methoden von Autokraten: Opposition kriminalisieren, Medien gleichschalten, Wahlen manipulieren.
Die größte Protestwelle seit Gezi
Doch die Menschen lassen sich nicht einschüchtern. In Istanbul sprach CHP-Chef Özgür Özel bei einer Großdemonstration von über zwei Millionen Teilnehmerinnen – eine der größten regierungskritischen Protestbewegungen seit den Gezi-Protesten 2013. Studierende, Arbeiterinnen, Gewerkschaften und Oppositionsparteien haben sich zusammengetan. Ihr Ziel: das Ende der Erdoğan-Diktatur.
Doch der Staat reagiert mit Gewalt. Die Polizei setzt Tränengas und Gummigeschosse ein, fast 2.000 Menschen wurden bereits festgenommen, darunter auch Journalist*innen. Der schwedische Reporter einer linken Zeitung sitzt unter Terrorvorwürfen in Haft – ein klares Signal an die internationale Presse: Berichtet nicht, sonst landet ihr im Knast.
Wo bleibt die Reaktion aus Deutschland?
Während in der Türkei Menschen für ihre Freiheit kämpfen, bleibt es in Berlin auffallend ruhig. Die Bundesregierung setzt weiterhin auf diplomatische Zurückhaltung, weil Erdoğan als geopolitischer Partner „gebraucht“ wird. Doch wie oft muss sich die Geschichte wiederholen, bis klar wird: Wer Diktatoren hofiert, bekommt am Ende keine Stabilität, sondern noch größere Krisen.
Die Türkei ist heute nicht nur ein Schlachtfeld für die eigene Demokratiebewegung – sie ist ein Testfall für den Umgang der EU mit autoritären Regimen. Solidarität bedeutet nicht nur Worte, sondern politischen Druck.