Faschismus reloaded
Rechte Vergangenheit, neue Bühne – wie „Weimar“ mit Altnazi-Ästhetik zurück ins Rampenlicht drängt
Eine Band mit Neonazi-Vergangenheit tourt wieder – und füllt Hallen. Trotz dokumentierter Verbindungen zur rechtsextremen Szene darf die Metal-Band „Weimar“ unter dem Deckmantel der Distanzierung wieder auf die Bühne. Auch in Sachsen.
Am 19. April 2025 soll die Band „Weimar“ im Alten Schlachthof in Dresden auftreten. Das Konzert ist seit Wochen ausverkauft. Veranstalter: die bandeigene Agentur „4K Concepts“, die den Club einfach mietet. Auf den ersten Blick ein normales Konzert – doch hinter dem Auftritt steht eine Geschichte aus Hass, Hetze und Geschichtsrevisionismus.
Bereits 2023 deckte Der Spiegel auf: Mehrere Mitglieder von „Weimar“ waren tief in die Neonazi-Szene Thüringens verstrickt. Gitarrist Konstantin P. spielte bei der Holocaust-leugnenden Band „Dragoner“, Sänger Christian P. veröffentlichte ein Album mit Hakenkreuz-Cover, soll illegal Waffen vertrieben und die Nazi-Organisation „Blood & Honour“ unterstützt haben. Kurz: Diese Band war mehr als nur „am Rand“ des Rechtsextremismus – sie war mittendrin.
Nach dem Skandal gaben die Musiker ein Statement ab: Ja, man sei früher in der rechten Szene aktiv gewesen – bis 2008, sagen sie. Heute aber sei man „geläutert“. Gewalt, Rassismus, Homophobie? Alles böse, versichern sie. Das Problem: Diese Distanzierung ist strategisch. Denn in der Szene hat sie Tradition: Um Deals mit Labels zu sichern oder sich juristisch abzusichern, inszenieren sich selbst überzeugte Faschisten als geläuterte Musiker.
Universal Music schmiss die Band nach der Spiegel-Recherche raus, Streamingdienste löschten ihre Inhalte, eine geplante Tour wurde abgesagt. Doch die Pause war nur kurz. 2025 ist „Weimar“ zurück – mit neuem Album, neuen Musikvideos, alter Symbolik und brisanter Fanbase. Einige Hallen sagten erneut ab – etwa in Lemgo und Saarbrücken. Doch zwei Verwaltungsgerichte zwangen sie zur Durchführung. Die Konzertfreiheit schlägt hier den antifaschistischen Grundkonsens.
In Dresden, Markneukirchen und Löbau hingegen: keine Absagen. Kein Rückzug. Der Dresdner Schlachthof verteidigt den Auftritt sogar. Betreiber Rodney Aust sagt: Die rechte Vergangenheit liege lange zurück. „20 Jahre“, betont er – als wäre Neonazismus ein Jugendsünden-Fehltritt.
Laut Aust gäbe es keine Hinweise, dass Band oder Fans heute dem rechten Spektrum angehören. Dass Christian P. und Co. ein ganzes Jahrzehnt tief im faschistischen Netzwerk aktiv waren? Kein Grund zur Sorge. Dass Rechtsrockstrukturen nie wirklich verschwinden, sondern sich inszenieren, transformieren und zurückdrängen? Ignoriert.
Dabei zeigt die Geschichte von „Weimar“: Rechtsextreme Musikprojekte suchen sich zunehmend die Grauzonen – zwischen Metal und Mainstream, zwischen Underground und Spotify. Sie profitieren von einer Justiz, die Meinungsfreiheit auch für Faschisten schützt, und von Veranstaltern, die sich wegducken, statt Position zu beziehen.
Wer „Weimar“ eine Bühne gibt, gibt auch der Verharmlosung von Nationalsozialismus Raum. Wer sich auf „verjährte Fehler“ beruft, verdrängt bewusst: Faschismus ist kein Einzelfehler. Er ist Haltung, Ideologie, System.
Die antifaschistische Antwort auf „Weimar“ muss klar bleiben: Keine Bühne für Nazis – egal ob maskiert, geläutert oder juristisch reingewaschen.