Ein Urteil mit weitreichenden Folgen: Ein US-Gericht im Bundesstaat North Dakota hat Greenpeace zu einer Schadensersatzzahlung von 660 Millionen US-Dollar verurteilt. Der Vorwurf: Die Umweltorganisation habe Proteste gegen die Dakota Access Pipeline (DAP) organisiert und damit der Betreiberfirma Energy Transfer wirtschaftlichen Schaden zugefügt. Greenpeace weist die Anschuldigungen zurück – und spricht von einem gezielten Angriff auf die Zivilgesellschaft.
Die Proteste gegen die Pipeline begannen 2016 und wurden maßgeblich von indigenen Gemeinschaften angeführt, insbesondere den Standing Rock Sioux. Sie wehrten sich gegen den Bau, der ihr angestammtes Land und die Wasserversorgung bedrohte. Greenpeace unterstützte die Bewegung durch gewaltfreie Aktionstrainings und logistische Hilfe, etwa mit Solarpanels für das Protestcamp. Sabotageakte, die während der Proteste stattfanden, werden Greenpeace nicht nachgewiesen – trotzdem wurde die NGO verurteilt.
„Dieses Urteil ist ein klassischer Fall von SLAPP“, sagt Greenpeace-International-Chef Mads Christensen. SLAPP (Strategic Lawsuits Against Public Participation) bezeichnet Klagen, die kritische Stimmen mundtot machen sollen. Insbesondere unter der neuen Trump-Regierung könnte sich dieses Vorgehen häufen.
Die Verflechtungen zwischen der fossilen Industrie und der Politik spielen eine zentrale Rolle in diesem Fall. Kelcy Warren, Chef von Energy Transfer, gehört zu den größten Unterstützern von Donald Trump. North Dakota selbst ist wirtschaftlich stark von Öl und Kohle abhängig – und das zeigte sich auch bei der Jury-Auswahl. „Wir wussten von Anfang an, dass wir keinen fairen Prozess erwarten konnten“, so Christensen.
Das Urteil könnte Signalwirkung haben: Es sendet die Botschaft, dass Unternehmen mit genug Geld und politischem Einfluss kritische Organisationen juristisch in die Knie zwingen können. Die Einschüchterungstaktik richtet sich nicht nur gegen Greenpeace, sondern gegen die gesamte Umwelt- und Protestbewegung.
Greenpeace USA steht durch die Millionenstrafe vor einer existenziellen Bedrohung. Zwar ist die Organisation gut versichert, doch der juristische Kampf wird Jahre dauern und immense Ressourcen binden. Trotzdem bleibt Christensen kämpferisch: „Wir lassen uns nicht einschüchtern. Das ist ein Angriff auf die Meinungsfreiheit, und wir werden uns wehren.“
Während in Europa stärkere Gesetze gegen SLAPP-Klagen existieren, zeigt der Fall in den USA, wie verwundbar Aktivist*innen gegenüber solchen Einschüchterungsversuchen sind. Bleibt zu hoffen, dass der Widerstand gegen diese Strategie wächst – und das Urteil nicht zum Präzedenzfall für künftige Angriffe auf Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen wird.