»Hart aber fair« – Die Ampel geht, die Probleme bleiben
An diesem Montagabend sitzt Gregor Gysi zwischen Saskia Esken von der SPD und FDP-Mann Christian Dürr bei »Hart aber fair« – und man merkt schnell, wer hier wirklich noch etwas zu sagen hat. Während die anderen sich in Wahlkampfphrasen verlieren, redet Gysi Klartext. Keine leeren Sprüche, keine Floskeln, sondern genau das, was der politischen Landschaft in diesem Land seit Jahren fehlt: Selbstkritik und klare Worte.
Es ist ein bitterer Tag für die Ampel. Der Bundeskanzler hat die Vertrauensfrage gestellt, die Koalition taumelt ihrem Ende entgegen. Und in der Runde sitzen Vertreter einer Regierung, die mit sich selbst genug zu tun hatte und zu oft verpasst hat, Politik für die Menschen zu machen. Gysi schneidet das gleich in seinem ersten Statement an: Es brauche ein besseres „Verhältnis zur Bevölkerung“, die Parteien müssten „Fehler analysieren“. Denn da liegt das eigentliche Problem – man hat die Bürger*innen nicht mehr erreicht.
Klare Kritik, die keiner hören will
„Die falsche Sprache“, „die fehlende Ansprache an Nichtwählerinnen*“, sagt Gysi. Und trifft damit einen Nerv. Während sich FDP und SPD in der Show um butterweiche Zahlen und die Schuldenbremse streiten, bringt Gysi auf den Tisch, was viele denken: Warum ist die AfD so stark? Weil die etablierten Parteien lieber hier und dort ein paar rechte Narrative kopieren, anstatt sich zu fragen, was sie falsch gemacht haben. Was braucht es mehr, um die Menschen von der Straße zurück in die Wahlkabinen zu holen? Sicher keine sechs Cent billigere Butter, wie Christian Dürr von der FDP allen Ernstes als Lösung verkauft.
Saskia Esken von der SPD kontert mit dem Wocheneinkauf einer Familie. Ein Versuch, Boden gut zu machen, aber auch sie bleibt im Klein-Klein. Esken ist bemüht, ihre Regierungsbilanz zu verteidigen, redet vom Fachkräfteeinwanderungsgesetz – ein Projekt, das gut war, aber niemanden erreicht hat, weil es keinen Krach gab. Denn das ist es, was die Medien und die Politik gleichermaßen verlernt haben: Politik für Menschen zu machen, statt nur über sich selbst zu reden.
Und während Haseloff von der CDU das Scheitern der Ampel genüsslich auseinandernimmt, bleibt auch er den Beweis schuldig, dass seine Union es besser könnte. Statt einer ehrlichen Position zur Schuldenbremse gibt’s die übliche Abzweigung: „Man könnte beim Bürgergeld sparen“. Ein durchsichtiger Versuch, die Schwächsten zur Zielscheibe zu machen – während die Milliardäre in diesem Land weiter steuerfrei davonkommen.
„Eine Koalition zwischen Ihnen muss aber auch anstrengend sein“
Es ist Gregor Gysi, der an diesem Abend immer wieder mit ruhigen, präzisen Einwürfen die Runde herunterkühlt. „Mein Gott, eine Koalition zwischen Ihnen muss aber auch anstrengend sein.“ Ein Satz, halb schmunzelnd gesagt, aber auch entlarvend. Denn diese Show zeigt: Die Ampel und die Union streiten weiter, ohne zu merken, dass sie gemeinsam in die Verantwortung gezogen werden.
Gysi spricht das Offensichtliche aus: Dieses Land braucht Investitionen, nicht starre Schuldenbremsen. Es braucht Schulen, die nicht auseinanderfallen, Brücken, die halten, und Politiker*innen, die ihre Prioritäten endlich richtig setzen. Und es braucht eine Ansprache an die Menschen, die schon längst das Vertrauen verloren haben. Das zu sagen, sollte eigentlich der Job aller Anwesenden sein – doch es ist Gregor Gysi, der das für sie übernimmt.
Das Ende der Ampel – und was jetzt?
„Das Modell Ampel ist für Jahre ausgeschlossen“, prophezeit Gysi. Und damit hat er vermutlich recht. Es war keine gute Regierung, wie er nüchtern feststellt. Aber der wirklich beunruhigende Satz kommt danach: „Wir wissen nicht, ob wir eine bessere bekommen.“ Denn genau da liegt das Dilemma. Ob Ampel, Union oder sonstige Koalitionsideen – keine Konstellation scheint derzeit in der Lage zu sein, die großen Fragen zu beantworten. Die sozialen Ungerechtigkeiten, die Klimakrise, die Spaltung der Gesellschaft.
Während die FDP die Schuldenbremse wie ein Dogma verteidigt und die Union beim Bürgergeld sparen will, bleibt das Land auf seinen Problemen sitzen. Es braucht politische Köpfe, die den Mut haben, das zu ändern. Keine hohlen Sprüche, keine Parteitaktik, sondern Taten.
An diesem Abend zeigt Gregor Gysi, dass er der einzige in der Runde ist, der das verstanden hat. Er hat keine Antworten auf alles, aber er hat das richtige Gespür dafür, was schiefläuft. Vielleicht liegt es daran, dass er nicht nur Politik macht, sondern zuhört. Ein Detail, das man von den anderen in der Runde selten behaupten kann.