Michael Kretschmer bleibt Ministerpräsident von Sachsen – allerdings unter denkbar schlechten Vorzeichen. Mit einer CDU-SPD-Minderheitsregierung ist er fortan auf die Opposition angewiesen, die bei jeder Entscheidung das letzte Wort haben wird. Seine Wiederwahl zeigt, wie brüchig die politischen Verhältnisse geworden sind: Nur durch die Stimmen aus der Opposition konnte er das Amt verteidigen.
Die neue Regierung steht auf wackeligen Beinen. Ohne eigene Mehrheit wird Kretschmer regelmäßig mit teuren Zugeständnissen und Kompromissen kämpfen müssen, um überhaupt etwas umzusetzen. „Die Opposition entscheidet künftig, was geht und was nicht“, kommentiert ein sächsischer Politiker.
Im Januar steht der erste große Test an: Der Haushalt. Mit einem Defizit von vier Milliarden Euro ist das Land bereits in finanzieller Schieflage. Wo gespart wird, darüber wird es heftige Auseinandersetzungen geben – und keine Garantie, dass Kretschmer die Opposition erneut auf seine Seite ziehen kann.
Die Minderheitsregierung hat zudem ein zusätzliches Problem: Der Ausschluss der AfD von Verhandlungen. Zwar betont Kretschmer, dass die Partei mitreden, aber nicht mitentscheiden darf. Doch je länger die Regierungsarbeit auf Blockaden stößt, desto größer die Gefahr, dass er bei Kompromissen auf genau diese Stimmen angewiesen sein wird. Das könnte ihn politisch weiter isolieren.
Die Grünen, die bisher Teil der Regierung waren, zeigen offen ihre Enttäuschung über die neue Konstellation. Ihre ablehnende Haltung bei der Ministerpräsidentenwahl war ein Warnsignal. Wenn es Kretschmer nicht gelingt, eine stabile Gesprächsbasis mit der Opposition zu finden, könnte seine Regierung scheitern – lange vor Ablauf der fünfjährigen Legislaturperiode.
Sachsen droht eine Legislaturperiode des Stillstands. Die politische Lähmung wird durch die instabilen Verhältnisse verstärkt. Kretschmers Appelle an den „Zusammenhalt im Interesse des Landes“ wirken bereits jetzt hohl, denn ohne konkrete politische Mehrheiten bleiben sie wirkungslos.
Ob Kretschmer mit seiner Minderheitsregierung die kommenden Jahre übersteht, bleibt fraglich. Sollte die Blockadepolitik der Opposition zunehmen oder der finanzielle Druck zu groß werden, könnte der Ministerpräsident gezwungen sein, Neuwahlen anzustreben – ein riskantes Unterfangen in einem Land, in dem die AfD weiterhin starke Umfragewerte erzielt.
Kretschmers Position mag sicher erscheinen, aber der Weg, der vor ihm liegt, ist gefährlich dünnes Eis.