Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag versucht mit einer parlamentarischen Anfrage, zivilgesellschaftliche Organisationen unter Druck zu setzen. In einem 551 Fragen umfassenden Katalog verlangt die Union von der Bundesregierung Auskunft über die staatliche Förderung von NGOs und stellt deren politische Neutralität infrage.
Das Timing ist kein Zufall: Die Anfrage kommt nur zwei Tage vor der Bundestagswahl – und nach bundesweiten Massenprotesten gegen Rechts, die auch die CDU ins Visier nahmen. Die Union reagiert damit auf eine gesellschaftliche Mobilisierung, die ihre Nähe zur AfD offenlegte und für massive Kritik sorgte. Die Strategie ist klar: NGOs, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren, sollen delegitimiert, kritische Stimmen eingeschüchtert werden.
Angriff auf die Zivilgesellschaft
Im Fokus stehen Organisationen wie die Amadeu Antonio Stiftung, Foodwatch und die Deutsche Umwelthilfe – Gruppen, die sich für Demokratie, soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz einsetzen. Die Union behauptet, mit Steuergeldern geförderte NGOs dürften keine „parteiische“ politische Arbeit betreiben. Doch dahinter steckt mehr als eine steuerrechtliche Debatte: Es geht um eine gezielte Attacke auf jene Teile der Zivilgesellschaft, die sich gegen autoritäre und rechte Tendenzen in Deutschland wehren.
Diese Strategie hat ein Vorbild: In Ungarn, Polen oder der Türkei haben rechte Regierungen NGOs mit ähnlichen Methoden kriminalisiert. Der Vorwurf, sie seien „politisch“ oder „parteiisch“, dient dort als Vorwand für finanzielle Kürzungen, Repressionen und gesetzliche Einschränkungen. Dass die Union nun mit vergleichbarer Rhetorik arbeitet, zeigt, wie weit der Rechtsruck in konservativen Kreisen bereits fortgeschritten ist.
Reaktionen: Empörung und Widerstand
SPD-Fraktionschef Lars Klingbeil bezeichnete die Anfrage als „Foulspiel“, während die Grünen von einem Versuch sprachen, „Teile der Zivilgesellschaft einzuschüchtern“. Die betroffenen NGOs weisen den Angriff entschieden zurück. Chris Methmann von Foodwatch erklärte, die Union versuche, „unbequeme Stimmen mundtot zu machen“, und rief zur Solidarität innerhalb der Zivilgesellschaft auf.
Besonders brisant ist, dass die Union sich bei ihrer Argumentation auf frühere steuerrechtliche Entscheidungen gegen Attac und Campact stützt. Dabei wurden diesen Organisationen die Gemeinnützigkeit entzogen, weil sie „zu politisch“ seien – eine juristische Entscheidung, die schon damals stark kritisiert wurde, weil sie gesellschaftliches Engagement in einem völlig verzerrten Verständnis von „Neutralität“ einengte.
Wer profitiert von dieser Attacke?
Die Union versucht, sich als „neutrale“ Kraft darzustellen, während sie selbst inhaltlich immer weiter nach rechts rückt. Ihr Antrag zur Migration, der mit AfD-Stimmen verabschiedet wurde, war ein Dammbruch, der das politische Klima in Deutschland massiv verändert hat. Die massive gesellschaftliche Gegenreaktion – hunderttausende Menschen auf den Straßen – trifft die CDU empfindlich.
Die Anfrage an die Bundesregierung ist ein politisches Ablenkungsmanöver. Anstatt sich mit den Vorwürfen auseinanderzusetzen, dass sie mit der AfD gemeinsame Sache macht, greift die Union nun jene an, die diesen Schulterschluss kritisieren. Der Versuch, NGOs als parteiische Akteure zu brandmarken, ist nichts anderes als ein Frontalangriff auf zivilgesellschaftliches Engagement.
Die Unions-Anfrage ist Teil eines breiteren Musters: Seit Jahren versuchen konservative und rechte Kräfte, kritische NGOs finanziell auszutrocknen oder öffentlich zu diskreditieren. Ob in der Migrationspolitik, im Antifaschismus oder im Klimaaktivismus – immer wieder geraten jene ins Visier, die sich für eine gerechtere Gesellschaft einsetzen.