Weidel und die NS-Vergangenheit ihres Großvaters: Eine gefährliche Ignoranz mit System
Hans Weidel, Großvater der AfD-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel, war tief in die Strukturen des NS-Regimes verstrickt. Als Jurist, SS-Mitglied und Militärrichter unterstand er direkt Adolf Hitler und trug maßgeblich zur mörderischen Justiz des Dritten Reiches bei. Seine Karriere umfasste Todesurteile, die im besetzten Warschau vollstreckt wurden, und eine systematische Unterstützung nationalsozialistischer Verbrechen. Trotz der dokumentierten Fakten behauptet Alice Weidel, von dieser Vergangenheit ihres Großvaters nichts gewusst zu haben.
Laut eigener Aussage hatte sie aufgrund „familiärer Dissonanzen“ keinen Kontakt zu ihrem Großvater, der starb, als sie sechs Jahre alt war. In ihrer Familie sei er kein Thema gewesen. Diese Distanzierung wirkt jedoch fahrlässig, insbesondere im Kontext der politischen Agenda der AfD, die immer wieder mit geschichtsrevisionistischen Aussagen auffällt. Die Behauptung, eine solche Vergangenheit sei „privat“ oder irrelevant, zeigt, wie wenig Verantwortung Weidel für den gesellschaftlichen Umgang mit der NS-Vergangenheit übernimmt.
Hans Weidel war kein Mitläufer, sondern ein Funktionär, der früh die NSDAP und SS unterstützte. Seit 1932 Parteimitglied, war er ein aktiver Teil der politischen und juristischen Apparatur, die Hitlers Regime ermöglichte. Als Militärrichter fällte er Urteile, die unter Hitlers direktem Befehl standen. Seine Karriere spiegelt die mörderische Effizienz des NS-Systems wider, in dem Täter wie er reibungslos aufsteigen konnten. Nach dem Krieg wurde er mehrfach wegen seiner Rolle im Regime untersucht, jedoch stets ohne Konsequenzen.
Die AfD hat sich wiederholt durch Aussagen hervorgetan, die eine Relativierung der NS-Zeit betreiben. Spitzenpolitiker wie Alexander Gauland oder Björn Höcke haben die Erinnerungskultur der Bundesrepublik diffamiert und versucht, die Gräuel des Faschismus als „Vogelschiss“ oder „Schande“ darzustellen. In diesem Kontext ist Weidels Umgang mit ihrer eigenen Familiengeschichte besonders beunruhigend. Es scheint, als würde das Schweigen nicht nur persönlichem Desinteresse entspringen, sondern auch einer systematischen Strategie, die Vergangenheit auszublenden, um rechtsextreme Narrative zu stärken.
Die Ignoranz gegenüber der NS-Vergangenheit ist keine private Angelegenheit. Wer wie Weidel in einer Partei agiert, die autoritäre und völkische Ideologien fördert, trägt eine besondere Verantwortung. Ihre Verweigerung, sich klar und eindeutig zu positionieren, ist mehr als ein individuelles Versagen – es ist eine politische Entscheidung, die den gesellschaftlichen Konsens über die Aufarbeitung des Faschismus gefährdet.
Alice Weidels Schweigen zur Geschichte ihres Großvaters passt ins Bild einer Partei, die systematisch die Erinnerungskultur angreift und die Verbrechen der Vergangenheit relativiert. Doch die Frage bleibt: Wie lange wird eine Demokratie diese Form von Verantwortungslosigkeit und Geschichtsvergessenheit tolerieren können? Denn wer die Geschichte nicht ernst nimmt, ist bereit, sie zu wiederholen.