Wer zahlt, fliegt – wer leidet, bleibt
Katy Perry fliegt ins All. Die Welt steht in Flammen. Willkommen im Spätkapitalismus.
Elf Minuten Schwerelosigkeit – das ist die neuste Errungenschaft der Superreichen. Katy Perry, Popstar und Ikone einer durchinszenierten Gegenwart, hebt bald mit Jeff Bezos’ Verlobter in einer Blue-Origin-Kapsel ab. Keine Forschung. Keine Notwendigkeit. Kein Erkenntnisgewinn. Nur ein teures Spektakel. Nur ein PR-Stunt im Dienst einer Klasse, der diese Welt nicht mehr reicht.
Während sie in den Himmel schießt, explodiert das Leben auf der Erde. In Gaza liegen Krankenhäuser in Trümmern. In Sudan fliehen Millionen. Im Mittelmeer sterben Menschen – fast täglich, fast unsichtbar. In Deutschland werden Geflüchtete deportiert, Menschen im Jobcenter schikaniert, Wohnungen unbezahlbar, und der rechte Kulturkampf gegen Minderheiten eskaliert.
Der Raumflug von Katy Perry ist kein Einzelfall. Er ist ein Symptom. Denn das, was als „Weltraumtourismus“ romantisiert wird, ist in Wahrheit ein rücksichtsloser Wettlauf der Superreichen. Bezos, Branson, Musk – sie nennen sich „Visionäre“. In Wahrheit sind sie Milliardäre, die mit Raketen kompensieren, was sie an Menschlichkeit längst verloren haben. Während die Erde brennt, machen sie sich aus dem Staub – mit CO₂-Emissionen, die jedes Flugscham-Argument verhöhnen.
Denn es ist nicht einfach „Geld“, mit dem Katy Perry da oben schwebt. Es ist unsere Arbeit. Unser Schweiß. Unsere Lebenszeit. Jeff Bezos wurde mit Amazon reich – einem Konzern, der systematisch Löhne drückt, Betriebsräte bekämpft und Arbeiter*innen unter brutalen Bedingungen schuftet lässt. Wer bei Amazon nicht spurt, fliegt raus. Wer bei Blue Origin zahlt, fliegt hoch. Und wer gar nichts hat? Der bleibt, wo er ist – in der Gosse der Weltordnung.
Was diese Flüge so zynisch macht, ist nicht nur ihr Preis. Es ist ihr Timing. In einer Welt, die so dringend nach Gerechtigkeit schreit, leisten sich Superreiche sinnlose Raketenritte. Sie zeigen der Welt, dass es kein „Wir“ mehr gibt. Kein kollektives Projekt. Keine Solidarität über Klassen hinweg. Nur noch: Wer kann, der kann. Wer nicht, der geht unter.
Die Popsängerin kündigt an, im All auch zu singen. Vielleicht wird das die erste Popsingle, die von der Erdumlaufbahn aus gesendet wird. Ein Klang der Obszönität, der über die Trümmer dieser Welt hinweg schallt. Und wieder jubelt die Presse. Wieder wird geträumt vom „neuen Raumzeitalter“. Doch das ist kein Fortschritt. Das ist eine Flucht nach oben – eine Flucht vor Verantwortung.
Sie fliegen, weil sie können. Weil sie sich die Welt längst gekauft haben. Während wir kämpfen für ein warmes Zuhause, für Pflege, für Schutzräume, für das Bleiberecht, für einen Platz in der Gesellschaft, fliegen sie davon. Ihre Raketen sind ihre Schlösser. Ihre Inszenierung von Zukunft – gebaut auf den Ruinen unserer Gegenwart.
Doch Zukunft gibt es nur, wenn wir sie uns zurückholen. Wenn wir uns verweigern, Teil ihrer Show zu sein. Wenn wir aufhören, ihren Eskapismus zu beklatschen – und anfangen, ihre Macht zu brechen.