Die Kriegsrealität in der Ukraine ist brutal und ungebrochen. Doch auf dem diplomatischen Parkett bahnt sich eine neue Wendung an: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, er sei bereit, Wladimir Putin am Donnerstag in der Türkei zu treffen. Zuvor hatte der russische Präsident überraschend Gespräche in Istanbul angeboten – jedoch ohne Waffenruhe, ohne Vorbedingungen, ohne Reue.
Selenskyj lehnt das Kalkül aus Moskau ab. Bevor über Frieden gesprochen werden könne, müsse die Gewalt enden – mit einer sofortigen und überprüfbaren Waffenruhe, möglichst noch am Montag. Erst dann sei Raum für echte Verhandlungen. Putin hingegen versucht, die Realität umzudeuten: Nicht das Sterben an der Front, sondern angeblich die „Ursachen des Konflikts“ stünden nun zur Debatte – ein Narrativ, das die Verantwortung für den Angriffskrieg erneut umkehrt.
Die Türkei bietet sich einmal mehr als Vermittlerin an. Erdoğan will die Bühne für Gespräche bereiten – ein riskantes Spiel zwischen Vermittlungsambition und geopolitischem Eigeninteresse. Ankara hatte bereits in früheren Kriegsphasen verhandelt, doch Ergebnisse blieben aus. Ob sich daran nun etwas ändert, bleibt offen.
Kritik an Putins Manöver kommt aus der EU: Friedrich Merz und Emmanuel Macron fordern eine bedingungslose Waffenruhe von mindestens 30 Tagen – alles andere sei politische Täuschung. Macron spricht von einer „Zeitspiel-Strategie“ des Kremls. Doch auch die westlichen Regierungen sind nicht frei von Zynismus: Während sie diplomatische Töne anschlagen, fließen weiter Milliarden in Waffenlieferungen.
In der Ukraine selbst bleibt die Lage angespannt. In der Nacht wurden erneut mehrere Städte bombardiert. Kiew, Charkiw, Odessa, Dnipro – keine Waffenruhe, kein Innehalten, kein Frieden. Die Ankündigung von Verhandlungen ändert daran nichts. Noch nicht.
Ob Istanbul zum Ort des Durchbruchs wird oder zur nächsten Kulisse für eine politische Farce, entscheidet sich nicht nur am Verhandlungstisch – sondern an der Front, in den Schützengräben, unter Sirenenalarm.