19:25 Uhr, Chemnitz. Ich bin losgefahren. Jetzt sitze ich in einem Fernbus irgendwo in Polen. Der Himmel ist grau, die Straße zieht sich endlos. Es ist diese seltsame Zwischenzeit, in der alles stillzustehen scheint und trotzdem in Bewegung ist.
Der Start war chaotisch. Ich hatte meine Kopfhörer und meine Smartwatch vergessen – beides Dinge, ohne die ich eigentlich nicht losfahren wollte. Also zurück nach Hause, schnell, zu schnell. Dann eilen zum Bus. Ich bin mit pochendem Herzen eingestiegen. Nicht wegen der Reise – sondern wegen der letzten Meter davor.
Vor ein paar Stunden habe ich mir mein Hotel gebucht. Spontan, planlos fast. Vieles an dieser Reise fühlt sich nach Improvisation an. Und das passt vielleicht auch. Denn wohin genau ich emotional fahre, weiß ich noch nicht. Ich weiß nur, dass morgen alles realer wird.
Ich habe weniger Angst als noch vor ein paar Tagen. Die Anspannung ist geblieben, aber sie hat sich verändert. Sie ist nicht mehr lähmend, sondern klarer. Ich bin nicht unvorbereitet, aber ich weiß, dass ich mich innerlich noch sortieren muss. Vielleicht kommt das erst, wenn ich angekommen bin. Vielleicht auch später.
Ein Teil von mir freut sich. Auf neue Orte, auf Begegnungen, auf das, was ich dort erleben und berichten werde. Aber ein anderer Teil ist angespannt – aus Respekt, aus Unsicherheit, aus Verantwortung. Ich weiß, dass ich dorthin fahre, wo andere Menschen ausharren, kämpfen, leben müssen. Ich komme als Gast, als Beobachter, als Journalist – und doch nehme ich vieles mit.
Gerade aber bin ich einfach nur unterwegs. Irgendwo zwischen gestern und morgen, zwischen Sachsen und der Ukraine, zwischen Alltag und Ausnahmezustand.